„FÜRTHER GESPRÄCH“ AM 18. JANUAR 2011
in der Schalterhalle der Sparkasse Fürth
Prof. Dr. Dr. h.c. Hans-Werner Sinn: „Die Position der deutschen Wirtschaft in Europa und der Welt: Eine kritische Bestandaufnahme“
Fast 300 Gäste waren der Einladung des Ludwig-Erhard-Initiativkreises zu einem spannenden Vortrag von Professor Sinn, dem Präsidenten des ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung,in der Schalterhalle der Sparkasse Fürth gefolgt. Sie hörten eine anspruchsvolle, aber dennoch kurzweilige Schilderung der Situation der deutschen Wirtschaft und ihrer Perspektiven.
Prof. Sinn skizzierte dabei ein recht kontrastreiches Bild, aber er begründete seine Urteile sorgfältig und in leicht verständlicher Weise.
Seit einigen Wochen gilt die 2008 ausgebrochene Wirtschafts- und Finanzkrise in Deutschland als überwunden. In vielen Wirtschaftsbereichen wird wieder optimistisch in die Zukunft geblickt.
Namhafte Statistiker prognostizieren für 2011 ein Wirtschaftswachstum von nahezu 5 Prozent. Auch der Arbeitsmarkt entwickelt sich augenscheinlich überraschend günstig, und die Preise bleiben relativ stabil. Ist Optimismus berechtigt?
Viele Unternehmen wollen im laufenden Jahr Arbeitskräfte einstellen. Werden diese Absichten summiert, könnte die Zahl der Arbeitslosen 2011 unter drei Millionen fallen. Aber lassen sich diese Beschäftigungspläne realisieren? Viele Unternehmen klagen jetzt über einen drastischen Mangel an Facharbeitern. Wird der Facharbeitermangel in Deutschland zum Hemmschuh der wirtschaftlichen Entwicklung?
Viele Länder in Europa und der Welt haben die Krise nicht so gut überwunden wie Deutschland, und die in der Krise aufgelegten Konjunkturprogramme werden demnächst auslaufen. Sorgen bereiten zudem die gigantischen Unterstützungen, die einige Staaten zur Sanierung ihrer Finanzen benötigen.
Die deutsche Exportwirtschaft könnte von den im Ausland notwendigen Einschränkungen hart getroffen werden. Und wie werden sich die Europäische Währungsunion und der Euro entwickeln, wenn weitere Staaten Hilfen benötigen?
Professor Sinn erläuterte anhand von zahlreichen Übersichten und Statistiken zu solchen und vielen anderen Fragen seine Meinung. Er warnte vor zahlreichen vorschnellen Schlüssen und weit verbreiteten Irrtümern und gab Erklärungen zu den Ursachen der überwundenen Wirtschaftskrise und zu allerlei Gefahren, die gegenwärtig schwelen.
Die Hörer erfuhren einige Sachverhalte, Zusammenhänge und Hintergründe, die in den Medien in der Regel erst dann behandelt werden, wenn sie zu akuten Problemen geworden sind. Prof. Sinn erntete viel Beifall für seine überaus aufschlussreichen Darlegungen, in denen er auch Ludwig Erhards Maßhalteappell vom 21. März 1962 zitierte:
"Noch ist es Zeit, aber es ist höchste Zeit, Besinnung zu üben und dem Irrwahn zu entfliehen, als ob es einem Volk möglich sein könnte, für alle öffentlichen und privaten Zwecke in allen Lebensbereichen des Einzelnen und der Nation mehr verbrauchen zu wollen, als das gleiche Volk an realen Werten erzeugen kann oder zu erzeugen gewillt ist."